Für Eltern und Junge Rheumatiker wurden spezielle Fragebögen konzipiert. Knapp 200 Antwortbögen konnten wir auswerten. Ausgesuchte Umfrageergebnisse stellen wir im Artikel vor.
Schwieriger Weg zur Diagnose
Da der Entzündungsprozess bei den meisten kindlichen Verlaufsformen langsam voranschreitet und erste Gelenkschädigungen durch frühzeitige Therapien verhindert werden können, ist eine schnelle Überweisung zum Facharzt sehr wichtig. Wir haben die Eltern und die Jungen Rheumatiker daher zuerst gefragt: Wer hat die Diagnose gestellt?
Sowohl bei den Kindern als auch bei Jungen Rheumatikern wurde die Hälfte der Diagnosen von Fachärzten aus der Rheumatologie gestellt – entweder von Kinder- und Jugendrheumatologen oder in der Erwachsenenmedizin. Knapp 30 Prozent der Diagnosen stellten entweder der Haus- oder Kinder- und Jugendarzt.
"Auf der Suche nach einem Erwachsenenrheumatologen gab mir der Kinderrheumatologe nur einen Hinweis auf die Gelben Seiten.“
Junger Rheumatiker in der Umfrage
Eine weitere Frage lautete: Wurde in eine kinderrheumatologische Einrichtung überwiesen? Wie weit war die Einrichtung entfernt? 64 Prozent der Jungen Rheumatiker und 72 Prozent der Kinder wurden in ein kinderrheumatologisches Zentrum überwiesen. Die Entfernung betrug bei 35 Prozent der Jungen Rheumatiker über eine Stunde, bei den Eltern waren es sogar 50 Prozent.
Auf die Frage: „Wie lange hat es bis zur Vorstellung beim Rheumatologen gedauert?“ gaben 45 Prozent der befragten Jungen Rheumatiker über 12 Wochen an, von den befragten Eltern sagten 38 Prozent, dass es über 12 Wochen bis zur Vorstellung dauerte. In Einzelfällen (12 der Befragten) dauerte es sogar mehrere Jahre.
Übergang bleibt großes Thema
Übergangsangebote von Kinder- zu Erwachsenenrheumatologen wie auch gemeinsame Sprechstunden können den schwierigen Prozess massiv erleichtern (siehe auch Seiten 36 bis 37). Jedoch sind beim Übergang viele Defizite festzustellen. Nur 29 Prozent der befragten Jungen Rheumatiker und 45 Prozent der Eltern wurden auf vorhandene Übergangsangebote hingewiesen. Nur zwölf Prozent der informierten Jungen Rheumatiker und 23 Prozent der Eltern gaben an, eine solche Sprechstunde genutzt zu haben. Ein Grund hierfür könnte die weite Entfernung zur nächstgelegenen Übergangssprechstunde gewesen sein. Wir wollten dazu auch erfahren: Was hat den Übergang erschwert? Die Kinderrheumatologen gaben oftmals keine Hinweise zu Erwachsenenrheumatologen.
Auch die Wartezeiten für einen Termin und zu kurze Konsultationen beim Erwachsenenrheumatologen wurden kritisiert.
Hilfen lassen zu wünschen übrig
Wir stellten Eltern und Jungen Rheumatikern auch die Frage: Haben Sie Hilfen – wie einen zweiten Satz Schulbücher oder einen Laptop – beantragt und was wurde genehmigt?
„Die Gewährung von Nachteilsausgleichen ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit!“
Christine Hötschl, Ausschuss Eltern rheumakranker Kinder und Jugendlicher
Am häufigsten wurde dieser Satz von den Eltern und Jungen Rheumatikern beantragt. Vergleichsweise wurde er häufiger genehmigt als zum Beispiel ein Hauslehrer. Dennoch liegt auch beim zweiten Schulbuchsatz die Ablehnungsquote in Grundschulen bei 24 Prozent und bei weiterführenden um die 30 Prozent.
Im Schulvergleich fällt auf, dass weiterführende Schulen häufiger einen Laptop oder längere Klassenarbeiten genehmigten als Grundschulen (siehe Grafik).
Offenheit bei Bewerbung?
Unter den Jungen Rheumatikern ist ein großes Thema, ob sie ihre Behinderung bei Bewerbungen angeben sollen oder nicht. Insgesamt befanden sich bei den jungen Rheumatikern 16 Prozent der Befragten in einem Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis und laut den Angaben der Eltern zu ihren rheumakranken Kindern waren sieben Prozent in einem Ausbildungs- oder Erwerbsverhältnis. Wir wollten wissen, ob sie ihre rheumatische Erkrankung angesprochen haben.
„Ob man seine rheumatische Erkrankung bei der Bewerbung angibt, ist immer eine individuelle Entscheidung. Rechtlich gesehen muss der Arbeitgeber nicht informiert werden.“
Gudrun Baseler,Bundesjugendsprecherin
Eine Hälfte der Jungen Rheumatiker hat ihre rheumatische Erkrankung angegeben und die andere Hälfte nicht. Laut den Eltern-Fragebögen haben ihre Kinder zu 70 Prozent ihre rheumatische Erkrankung nicht verschwiegen.
Bezieht man die Frage, warum trotz vielfältiger Suche kein Arbeitsplatz gefunden wurde mit ein, so wurde von den Befragten immer wieder darauf hingewiesen, dass die rheumatische Erkrankung der Grund für die Ablehnung war.
Was passiert nun weiter?
Mit den Ergebnissen dieser ersten Befragung wollen wir den Forderungskatalog für rheumakranke Kinder und Jugendliche aus dem Jahr 2001 überarbeiten: Gemeinsam mit den Ausschüssen Eltern rheumakranker Kinder und der Jungen Rheumatiker sowie Akteuren aus der Fachwelt soll auf einer Fachtagung im Dezember 2011 in Fulda ein neuer Katalog mit Forderungen entstehen, die 2012 an die politisch Verantwortlichen herangetragen werden können. Großer Dank gilt den Eltern und Jugendlichen und kinderrheumatologischen Einrichtungen, die uns bei der Umfrage unterstützt haben.